Benoît Violier – ein Vorbild- ein. Drama

Benoît Violier der beste Koch der Welt verlässt diese Welt auf solch eine tragische Weise.

Ich zögerte zuerst diesen Artikel zu Schreiben. Der Grund liegt darin, dass es hier eigentlich um Rezepte geht. Jedoch war die Nachricht dermassen erschütternd für mich, dass ich im schreiben etwas Verständnis für mich finde.

Es gibt für diese Tat kein Verständnis, dass ist mir klar. Trotzdem kann ich die Verzweiflung verstehen, wenn einem nur noch einen Ausweg zur Verfügung steht. Mit Sicherheit der falsche. Möchte auch festhalten, dass ich nicht Suizid gefährdet bin.

Das Leben eines Koches ist in jeder Minute seines Lebens nur fremdbestimmt  und er fügt sich, aus seiner eigenen Entscheidung heraus, mit dieser Gegebenheit.

Warum fremdbestimmt.

Einfach erklärt. Die Gäste bestimmen die Arbeitszeit, sie bestimmen was ich gerade tun darf. Sie erlauben mir ein Ruhetag zu beziehen, wenn kein Bankett ansteht oder wenig Reservationen im Buch stehen.

Die Gäste bestimmen mein Arbeitstempo. Viele Gäste, schnelleres arbeiten. Wenig Gäste, angenehmes Arbeitstempo. Sie entscheiden auch was ich zu tun habe. Gene würde ich eine Karottensuppe zubereiten, aber der Gast Gst von Tisch 14 bestellt eine Hummersuppe.

Jetzt kommen die Argumente… In meinem Beruf ist es das selbe.

Meine Zeilen hier richten sich nicht gegen andere Berufe und Berufungen. Es geht hier nur um das Berufsleben eines Koch`s.

Mir wurde mal sehr klar vor Augen geführt, dass Selbstbestimmung sehr wichtig ist für das Wohl seiner selbst. Nun im Kochberuf ist dies unmöglich. Im Privatleben oft unmöglich, wenn man als Dienstleister nicht die Handbremse ziehen kann.

Wir Gastgeber können nicht einfach um 17.00 Uhr sagen, die POST ist geschlossen komme Morgen um deine Einzahlungen zu tätigen. Der Brief schreibe ich morgen es ist Feierabend. Ich lege ihn mal auf die Pendenzen. Doch das geht bei uns Köchen auch, (zynisch) lieber Gast es ist 17.00 Uhr und ihre Bratwurst mit Rösti servieren erst morgen wieder pünktlich um acht. JA SICHER es gibt in allen Berufen irgendetwas. Es geht mir hier auch nur um den Sinn in unserem Beruf zu verstehen. Wir haben diese Tätigkeit auch selber ausgesucht, also kein Gejammer. Nur weiss man in den Anfängen nicht was auf einem zukommt.

Was treibt ein Koch in solch eine Tat?

Die wahren Hintergründe werden und müssen auch ein Geheimnis bleiben um die Famillie Violier zu schützen. Es müssen die Taten und Erfolge von Benoît Violier erhalten bleiben. Er ist der BESTE Koch und bleibt es auch! Als Mensch ihn zu beurteilen liegt nicht in meiner Kunst zu beurteilen. Darf ich auch nicht, es steht mir nicht zu.

Mal angenommen ich bin vom Gault-Millau mit 19 Punkten ausgezeichnet und zum «Koch des Jahres 2013» gekrönt worden. Michelin verlieh dem «L’Hôtel de Ville» drei Sterne. Zudem landete das Restaurant 2015 auf Platz eins der interna­tionalen Liste «Milles tables d’exception» und gilt deshalb derzeit als die beste Gaststätte der Welt. (Quelle: Blick lZeitung)

Könnte ich dieser Belastung gerecht werden?

Da ich ehrlich zu mir selber bin, ist die Antwort sehr klar. NEIN!

Einfach nur der Gedanke, dass ich das beste Restaurant der Welt führe und das nächste Jahr dieser Titel wieder erlangen muss… Werde ich alle Sterne weithin aufrecht erkochen können? Sind meine 19 Punkte bei der nächsten Bewertung wieder garantiert? OH MEIN GOTT! Nein, ich würde diesem Druck nicht bestehen können.

Gibt es ein Rezept, wie immer auf diesem Blog?

NEIN, es ist nur tragisch, erschütternd und unfassbar für einen Koch, solche Nachrichten zu lesen.

Mein tiefstes, herzlichstes Beileid an die Famillie Violier…

 

 

 

 

 

10 Gedanken zu “Benoît Violier – ein Vorbild- ein. Drama

  1. Das ist wirklich sehr dramatisch. Allerdings hatte es vielleicht auch andere, ganz private Gründe und keine beruflichen? Vielleicht tröstet dieser Gedanke ein wenig all die, die ihn kannten. Details stehen ja nicht in den Medien, das finde ich aus persönlichkeitsrechtlichen Gesichtspunkten sehr gut. Grüße von einer sonst eher stillen Mitleserin und Kopf hoch. Wer weiß, was in ihm vorging und was wirklich geschah? Es ist immer schlimm, wenn sich jemand für diesen Weg entscheidet, aber man sollte auch versuchen, es dennoch zu akzeptieren. Und, ganz wichtig: was sind schon Erfolge gegen ein Leben… Eigentlich nichts.

    • Liebe Pfefferschote, wie wahr sind Deine Zeilen. Mein Eindruck rührt daher, dass ich sehr viele Berufskollegen kenne, die in einer ähnlichen Situation steckten.
      Ausnahmslos bei allen steckte immer das Berufsleben dahinter. Auch wenn das Privatleben scheiterte. Ein Privatleben hast Du keines mehr. 16-18 Stunden im Betrieb und den Rest die mit wenig Schlaf über Wasser halten. So funktioniert das Hammsterrad in unserem Beruf.
      Selber erlebt bis ich alles aufgab um das Privatleben zu reanimieren.
      Liebe Grüsse
      Roger

      • Hallo Roger, das alles glaube ich gerne. Allerdings darf es nicht bis zum Freitod führen, dann lief bei ihm bereits vorher schon etwas grundlegend falsch. Gut, wenn man vorher Änderungen vornimmt, wie Du. Alles Gute und wenig Stress für Dich, ich denke, das Wichtigste im Leben hast Du verstanden. Und ein 16 – 18 Stunden-Tag – was und wem nutzen Sterne und Erfolge, wenn es dann psychisch und auch familiär irgendwann nicht mehr ertragbar ist? Viele Grüße nochmals und weiterhin schöne Rezepte, Corinna

      • Liebe Corinna, Es stimmt, da hast Du recht. Ich denke es hat mich einfach zu stark mitgenoomen und eine Reflektion in hochgetrieben, dass ich mit Sicherheit nicht in allen Punkten sehr analytisch war.
        Mein definition von Erfolg ist ganz klar und unwiederruflich.
        Am Sterbebett möchte ich zu mir selber sagen können; Ich habe alles was möglich war getan, was ich wollte und meinen Träumen entsprach. Ich konnte denen die mir nah standen ein kleines Vorbild sein und habe alle so behandelt, wie ich selber behandelt werden wollte.

        Liebs Grüessli
        Roger

      • Das hast Du sehr schön und eindrucksvoll kommentiert. 🙂
        Grüße zurück und auch zurück zu den Freuden des Lebens, freut mich. LG, Corinna

  2. Der Druck der auf einem Koch lastet, muss enorm sein. Denn der Erfolg des ganzen Betriebs steht und fällt mit dem Koch. Und diese Michelinsterne sind in den letzten Jahren so “ in Mode“ gekommen, man muss sehr stark sein um diesem Druck stand zu halten, Jahr für Jahr, ich kann verstehen, dass es Köche gibt die aus diesem Karrussell aussteigen und ihr Leben leben wollen. Schade dass Monsieur Violier dies nicht geschafft hat, und ganz alleine seine Ausweg gesucht hat.
    Ich finde es sehr schön, dass du den Mut gehabt hast, diese Zeilen zu schreiben. Es wird so viel über essen und kochen geredet und geschrieben, aber dies Seite des Berufs wird selten zur Show gestellt.

    • Liebe Malou, Du hast recht und es ist sehr Schade, dass ein solch Grosser diesen Weg gewählt hat.
      In jedem Beruf gibt es Druck und zwar nicht wenig.
      Was mich sehr ärgert, dass es Wettbewerbe gibt, die einem aufzwingen nächstes Mal noch besser zu sein.
      Seit 1 Jahr bin ich aus diesem Zirkus ausgestiegen. Mein Team und ich bekochen nun ein Alterszentrum und ein öffentliches Restaurant.
      Wir kochen nur mit frischen, regionalen und einfachen Produkten. Wie es eben unsere Müttern schon getan haben.
      Erfolg ist solch eine Betrachtung, dass man ihn nicht definieren kann.
      Ich habe mehr Erfolg jetzt, als in der Sternenküche. Wieso? Nicht weil ich nicht genug gut bin, sondern weil meine Liebe zum kochen wieder entfacht wurde. Ich darf wieder und muss nicht!
      Könnte noch Stundenlang schreiben. 🙂
      Danke Dir für Deine Zeilen.
      Liebe Grüsse
      Roger

      • Ich finde es unheimlich mutig, wenn man klar sagen kann, das will ich nicht mehr und ich steige aus. Das hat überhaupt nichts mit nicht gut genug zu tun. Denn wenn man in dem Sternekarussel drin ist, ist man gut, dann hat man ein bestimmtes Niveau erreicht, gar keine Frage. Aber für mich ist die Arbeit wie du sie jetzt tust eine ehrlichere Arbeit, mit der du Menschen glücklich machst. Mir gefällt wenn ich gekocht habe, und ich kann in zufriedene und glückliche Gesichter sehen. Das ist für mich Lob und Anerkennung genug für meine Arbeit. Und ich denke,in dieser Sterneküche erschafft man sich eine fiktive Welt, die mit dem Alltag draussen, nicht viel zu tun hat, wo wahrscheinlich nur noch der Druck zur Perfektion zählt. Das wäre definitiv auch nicht meine Welt. Ich bin froh für dich, dass deine Arbeit dir wieder Spass macht!! LG Malou

  3. Hallo Roger,
    ich war gestern auch sehr traurig, als ich die Nachricht las. 🙁
    Ich finde es schön, dass du diesen Text geschrieben hast, du bist schließlich selbst Koch und selbst wenn nicht: Unsere Blogs dürfen wir doch so füllen, wie wir es gerade für richtig halten – ich selbst habe auch schon ein paar non-food Texte geschrieben, weil ich sie in diesem Moment für wichtig erachtete. Außerdem musst du dich nicht rechtfertigen. Ich denke, wer nicht verstanden hat, dass der Beruf des Kochs ein extrem stressiger ist und gerade auch an der Weltspitze einen extremen Druck bedeutet, der sollte selbst noch einmal nachdenken.
    Aus meinen Augen hast du hier einen guten Text verfasst und ich bin immer wieder traurig, wenn ein Mensch dem Druck den er sich auferlegt und von anderen auferlegt bekommt, nicht gewachsen ist und diese Konsequenz zieht.
    Liebe Grüße, Becky

    • Wie recht Du hast, liebe Becky. Ich hadere manchmal mit: was kann, darf ich bringen auf meinem Blog.
      Jedoch Du schreibst es sehr treffend. Das was mich bewegt und das Ableben von Benoît hat mich sehr bewegt.
      Ich war in den 90ziger sehr erfoglreich mit Kochkunstausstellungen und nur noch im Betrieb gewesen. Trainiert, trainiert und trainiert. Dabei alles um mich herum vergessen.
      Habe zum Glück den Boden der Realität wieder gefunden durch ein dramatisches Ereignis.
      Bin aber immer wieder in dieses Hammsterrad hineingefallen. Bis vor einem Jahr, da fand ich abseits des Erfolges, die Stelle mit Befriedigung und Anerkennung für das was geleistet wird. Ohne Zwang und Druck.

      Liebs Grüessli
      Roger

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